Kapitel 1 – Torch

1995 habe ich meine ersten HipHop-Interviews gemacht. Ein Jahr zuvor hatte ich die legendäre Sendung ‚HipHopHooray‚ aus der ZDF-Reihe ‚Lost in Music‘ auf arte in Frankreich gesehen. Ich arbeitete dort für ein Jahr als Fremdsprachenassistent an einer Schule in Mantes La Jolie, mitten in der berüchtigten Banlieu von Paris. Die Freestyles von MC René, von Eißfeldt, Boulevard Bou und Denyo gingen mir nicht mehr aus dem Kopf, und als ich in der Straßenbahn in Bonn zwei Jungs über Rap und HipHop, über DJing und Beats reden hörte, sprach ich sie einfach an. Einer der beiden, Sami, hatte spontan Zeit, und wir setzten uns in ein Café zum Reden.

Sami hatte früh, viel zu früh die Schule abgebrochen, einige Zeit auf der Straße und in Notunterkünften gelebt, jetzt machte er gemeinsam mit einem Freund Rap-Musik mit englischen Texten, wie so viele zu der Zeit. Sami hatte in der Schule nie Englisch gelernt, alles, was er konnte, hatte er sich selbst beigebracht, durch Rap-Texte. Für mich klang es perfekt, was er rappte und zu sagen hatte. Sami hat mich eingeführt in die HipHop-Szene. Er hat mich mit nach Köln genommen zu Jens Kameke alias Scope, Rapper bei STF und damals Moderator der VIVA-Sendung ‚Freestyle‘. Scope gab mir unter anderem die Nummern von Torch in Heidelberg und von Fast Forward in Aachen, der bald darauf sein ‚Put da Needle to da Record‘-Label gründen sollte, auf dem ein paar Jahre später dann die ersten Songs von Westberlin Maskulin und Kool Savas erscheinen sollten. Von Heidelberg ging es weiter nach Stuttgart, Hamburg, München, Bremen, Ulm, Frankfurt … „Von Norden nach Süden, von Osten nach Westen“ traf ich Tobi & das Bo und all die anderen Besten, alle jedenfalls, die 1996/1997 Platten veröffentlicht hatten, auch die ersten Rap-PopStars von damals, die Fantastischen Vier und das Rödelheim Hartreim Projekt. Später kamen Bands aus der ehemaligen DDR dazu mit ihrer ganz eigenen Geschichte und ganz spät auch Berlin.

Die Interviews der ersten Jahre habe ich aufgenommen mit einem ganz schlechten Diktiergerät auf ganz billigen Kassetten, vielleicht lassen sie sich noch soweit restaurieren, dass die Stimmen verständlich werden. Aber von ungefähr 1997 an gibt es professionelle Aufnahmen, die ich hier in Ausschnitten nach und nach veröffentlichen werde.

Ich freue mich, dass Sie / dass Du hier gelandet sind/bist, und lade ein, mitzukommen, auf eine Reise durch meine ’20 Jahre HipHop in Deutschland‘.

–> Posts rund um „20 Jahre HipHop“ – Rückblick

–> Und hier eine Übersicht aller bisherigen Blogartikel in Sachen HipHop + Rap

Viele Grüße, Sascha Verlan

 

„ich weiß noch genau, wie das alles begann“
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